18.06.2025
Maßnahmenpaket nach Amoktat in Grazer Schule
Die Bundesregierung hat heute im Ministerrat ein umfassendes Maßnahmenpaket beschlossen, das unmittelbar auf die Amoktat am Grazer BORG Dreierschützengasse reagiert. Der Fokus liegt dabei auf der Unterstützung der Opfer und Hinterbliebenen, dem Schutz von Schulen, einer Anpassung des Waffenrechts, dem Ausbau präventiver Angebote für Jugendliche sowie medienrechtlichen Anpassungen.
1. Deutliche Verschärfung des Waffenrechts
Das Waffenrecht wird grundlegend reformiert, um Missbrauch zu verhindern und Sicherheitslücken zu schließen. Durch eine Überprüfung der Zuverlässigkeit vor Erwerb jeder Schusswaffe, verschärfte waffenpsychologische Gutachten und damit Unterbindung von „Kombipaketen“ sowie verbessertem Datenaustausch zwischen Waffenbehörden und psychischen Gesundheitseinrichtungen wird sichergestellt, dass bedenklichen Personen der Zugang zu Waffen verlässlich verwehrt bleibt. Hierzu dienen auch die Nutzung von Stellungsergebnissen bei der Waffenüberprüfung und die Möglichkeit eines bis zu zehnjährigen Waffenverbots bei Auffälligkeiten. Allgemein wird eine stärkere behördliche Zusammenarbeit die Sicherheit der Bevölkerung in dieser Frage verbessern.
Außerdem wird eine Pflicht zur Abwicklung von privatem Waffenverkauf über registrierte Händler kommen. Auch ein Waffenverbot bei schweren gerichtlichen Vorstrafen und Ermittlungen wegen besonders schwerer Delikte ist angedacht, genauso wie eine Erhöhung des Mindestalters für Kategorie-B-Waffen auf 25 Jahre, mit Ausnahmen etwa für beruflichen Gebrauch. Auch bei Kategorie-C-Waffen wird es eine altersabhängige Waffenkarte unter 25 Jahren geben. Beim Ersterwerb einer Schusswaffe wird es außerdem künftig eine vierwöchige Abkühlphase geben. Darüber hinaus werden eine Befristung der Waffenbesitzkarte bei Neuausstellung auf 8 Jahre sowie verschärfte Verlängerungskriterien dafür sorgen, dass auch später auftretende Auffälligkeiten erkannt und die richtigen Konsequenzen gezogen werden.
Durch die Prüfung von gesetzlichen Waffenverbotszonen im Umkreis von Schulen und Kindergärten soll die Sicherheit in und um Schulen zusätzlich erhöht werden.
2. Verbesserung der Opferhilfe / Einrichtung eines Entschädigungsfonds
Um den Opfern und Hinterbliebenen rasch und unbürokratisch zu helfen, wird ein Fonds in Höhe von bis zu 20 Mio. Euro bereitgestellt. Dabei geht die Unterstützung über die Leistungen des Verbrechensopfergesetzes hinaus. Auch zusätzliche Hilfeleistungen für schwer Verletzte und psychisch traumatisierte Betroffene sowie die Beerdigungskosten werden weitgehend übernommen. Zudem wird es zusätzliche finanzielle Mittel für die betroffene Schule in Kooperation mit Opferschutzeinrichtungen geben.
3. Maßnahmen für Sicherheit und Prävention an Schulen
Schulen sollen sichere Orte bleiben – daher wird Prävention, psychosoziale Unterstützung und die bauliche Sicherheit umfassend gestärkt. An der betroffenen Schule wird die mündliche Matura flexibilisiert. Ziel ist außerdem die Verdoppelung der Schulpsychologinnen und -psychologen in den nächsten drei Jahren sowie der Ausbau der Schulsozialarbeit auf alle Bundesschulen und die Bereitstellung verstärkter externer Präventions- und Gesundheitsangebote. Die Mittel für das Projekt „Gesund aus der Krise“ werden erhöht und die Präventions- und Sicherheitskonzepte inklusive Notfallübungen angepasst. An dem kommenden Schuljahr wird es auch flächendeckende Sicherheitsschulungen für Lehrkräfte sowie verbindliche Gespräche bei Schulabbruch oder Suspendierungen unter Einbindung von Familie, Supportpersonal und Behörden geben. Auch Fallkonferenzen für auffällige Schülerinnen und Schüler mit Polizei, Jugendamt und weiteren Stellen werden eingeführt und die Zugangskonzepte der Schulstandorte nachgeschärft und evaluiert.
4. Maßnahmen bei isolierten Jugendlichen / NEETs
Zur Prävention von Radikalisierung und sozialer Isolation wird die Unterstützung für Jugendliche ausgeweitet. Durch den Ausbau psychischer Erste-Hilfe-Schulungen für Berufsgruppen mit Kontakt zu Jugendlichen und einer Stärkung des Jugendcoachings zur Betreuung von Jugendlichen mit Ausbildungs- und Arbeitsmarktproblemen sowie verpflichtende Deradikalisierungs-Workshops in AMS-Jugendangeboten werden zahlreiche Möglichkeiten ergriffen, um Radikalisierung unter Jugendlichen zu begegnen. Ebenso wird durch die Förderung aufsuchender Online-Jugendarbeit und Ausbau digitaler Jugendarbeit, dem Ausbau und der Absicherung der außerschulischen Jugendarbeit (offen und verbandlich), der Stärkung von Jugendberatungsangeboten und Kinder-/Jugendhotline 147 sowie dem Ausbau von Kinderschutz- und Gewaltpräventionsprojekten betroffenen Jugendlichen geholfen, den Weg zurück in die Gesellschaft zu finden.
5. Verantwortung der Medien
Medienethische Standards sollen künftig bei der Berichterstattung über Amoktaten stärkere Berücksichtigung finden. Dafür werden eine Reihe von Maßnahmen ins Auge gefasst, etwa die Anpassung der Parameter für den Bezug von Medienförderungen, die Nachschärfung der Kriterien für die Zulassung für audiovisuelle Mediendienste oder die Weiterentwicklung der Maßnahmen gegen gesetzwidrige und hetzerische Online-Inhalte auf nationaler und EU-Ebene. Auch transparente Beschränkungen und Aufklärung über Social Media für Kinder und Jugendliche sowie der Ausbau der Medienkompetenz-Angebote (z. B. über Saferinternet.at) sind angedacht.
Bundeskanzler Christian Stocker:
„Der grausame Amoklauf, der sich letzten Dienstag am Grazer BORG Dreierschützengasse ereignet hat, ist eine nationale Tragödie und hat ganz Österreich zutiefst erschüttert. Heute, eine Woche danach, ziehen wir konkrete Lehren aus dieser Tat und lösen das Versprechen ein, das wir den Angehörigen, den Betroffenen und ganz Österreich gegeben haben. Mit einem umfassenden Maßnahmenpaket verschärfen wir das Waffenrecht, erhöhen die Sicherheit und Prävention an unseren Schulen, bauen die Angebote zur Prävention und Betreuung gefährdeter Jugendlicher weiter aus und stellen wir die Unterstützung von Opfern und Hinterbliebenen durch einen eigenen Entschädigungsfonds in der Höhe von 20 Millionen Euro sicher. Mit den geplanten Verschärfungen setzen wir gezielt auf mehr Sicherheit und wirksame Vorsorge – ohne den verantwortungsvollen legalen Waffenbesitz pauschal in Frage zu stellen. Unser Ziel ist klar: Unsere Schulen müssen Orte bleiben, an denen die Schülerinnen und Schüler unbeschwert lernen, wachsen und Freundschaften schließen können. Mit diesem Maßnahmenpaket stellen wir die Weichen, damit das gelingt und sich alle darauf verlassen können, dass unsere Kinder in der Schule sicher sind.“